Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    17.03.2005

    Rede in der Generaldebatte der 112. IPU-Versammlung in Manila


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in Deutschland haben die Stärkung der Rechte der Frauen und ihre Teilhabe am öffentlichen und beruflichen Leben große Fortschritte gemacht, trotzdem ist noch viel zu tun. An dem Ziel einer aktiven Gleichstellungspolitik und einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen in allen Lebensbereichen wird weiterhin engagiert gearbeitet.

    Auch in politischen Ämtern hat sich die Präsenz von Frauen verstärkt. Zu Beginn der ersten Wahlperiode im Jahr 1949, nachdem der Grundsatz der Gleichberechtigung von Frau und Mann im Grundgesetz festgeschrieben wurde, betrug der Frauenanteil im Bundestag 6,8 %. Zu Beginn der laufenden Wahlperiode im Jahr 2002 war dieser Anteil auf erfreuliche 33 % angewachsen. Hier ist man auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel. Schweden, Dänemark, Finnland und die Niederlande zeigen uns im europäischen Bereich, dass diese Zahlen durchaus noch zu steigern sind. Interessant ist ein Blick auf die Wählerschaft bei der letzten Wahl zum Deutschen Bundestag: da nämlich beteiligten sich 23,4 Millionen Männer und 25,5 Millionen Frauen. Aber nicht alle Frauen wählen auch Frauen.

    Die meisten Parteien fördern die Kandidaturen von Frauen über festgelegte Quoten, indem sie bei der Aufstellung der Kandidatenlisten einen bestimmten Prozentsatz der Plätze für Frauen vorsehen. Optimal ist hier ein „Reißverschlussverfahren“ bei der Platzvergabe, besonders im oberen Bereich der Kandidatenlisten, auch wenn es sich nicht immer realisieren lässt, da zurzeit noch mehr Männer als Frauen zu einer Kandidatur bereit sind. Das Präsidium des Deutschen Bundestags besteht aus fünf Mitgliedern, davon zwei Frauen.

    Längst werden im parlamentarischen Geschäft Frauen nicht mehr extra erwähnt; die engagierte Parlamentarierin ist vom Ausnahme- zum Normalfall geworden. Hier unterscheiden sich die Erfahrungen heutiger weiblicher Abgeordneter deutlich von ihren Vorgängerinnen in früheren Jahrzehnten. Zwar gibt es bis heute in Deutschland noch keine Bundeskanzlerin und keine Bundespräsidentin, doch auch auf dieses Ziel wird von Frauen hingearbeitet. Immerhin gehören der heutigen Bundesregierung in Ministerämtern sieben Männer und sechs Frauen an.

    Doch Deutschland kann bisher nur eine weibliche Führung mit einer Ministerpräsidentin in einem Bundesland aufweisen. Bedauerlicherweise sind in den regionalen Parlamenten, den Stadt- und Gemeinderäten sowie den Kreistagen Frauen noch immer deutlich unterrepräsentiert.

    In der Arbeitswelt der Privatwirtschaft sind Frauen immer noch zu wenig in Führungspositionen vertreten. Es gibt zwar eine freiwillige Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der privaten Wirtschaft, um auch dort einer Gleichstellung der Geschlechter näher zu kommen, doch hier ist der Weg offensichtlich noch sehr lang.

    Der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit von Frauen und Männern“ konnte zwar in der öffentlichen Verwaltung realisiert werden, ist aber noch nicht selbstverständlich in den Bereichen der privaten Wirtschaft. Durch politische Gremien und Gewerkschaften wird hieran weiter gearbeitet.

    Die Bundesregierung hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben in allen Bereichen zu verbessern.

    Bund und Länder arbeiten gemeinsam an einer Realisierung der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre; für ein entsprechendes Fachprogramm werden bis zum Jahr 2006 jährlich 30,7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Verstärkt wird daran gearbeitet, Studentinnen für die naturwissenschaftlichen Studienrichtungen zu gewinnen.

    Um das Berufsverhalten von Mädchen und jungen Frauen beeinflussen zu können, wird möglichst frühzeitig und umfassend über das zur Verfügung stehende Berufsspektrum informiert. Dazu soll auch der „Girls Day – der Mädchenzukunftstag“ beitragen, ein Praktikumstag in Betrieben, um verschiedene Berufsfelder kennen zu lernen. Im Rahmen der „Initiative D21“ werden Informationsveranstaltungen für Frauen speziell für IT-Berufe angeboten.

    Erst seit einigen Jahren ist es möglich, dass Frauen auch im aktiven Dienst in der Bundeswehr tätig sind. Ende des Jahres 2004 hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr beschlossen. Frauen sind in diesem für sie recht neuen Berufsfeld immer noch unterrepräsentiert. Hier wird jetzt mit der Möglichkeit von Teilzeitarbeit auch die Vereinbarkeit von Familie und Dienst erleichtert.

    Das Bundesprogramm „Frau und Beruf“ ist auf Gleichstellung und Chancengleichheit von Frauen und Männern in Beruf und Familie ausgerichtet. In Beratungsstellen werden Frauen durch Beratung und das Anbieten von Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Kinderphase oder nach Arbeitslosigkeit unterstützt, um wieder in das Erwerbsleben zurück zu finden.

    Die Vereinbarkeit von Kindern und Familie mit dem Berufsleben wird von der Politik verstärkt unterstützt. Die jetzige Bundesregierung hat durchgesetzt, dass die berufliche Freistellung von Frauen und Männern zur sogenannten Elternzeit nach Geburt eines Kindes flexibler gestaltet wurde. Die Elternzeit kann jetzt gleichzeitig von Vater und Mutter beansprucht werden und die Möglichkeit wurde eingeräumt, auch während der Elternzeit bis zu 30 Stunden zu arbeiten.

    In Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten besteht ein Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies bietet Flexibilität in der Kinderbetreuung. Vom Erziehungsgeld während der Kinderbetreuungszeit, der Anerkennung von Erziehungs- und Pflegezeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Hilfen für Alleinerziehende profitieren in besonderem Maße die Frauen.

    Insbesondere gut ausgebildete Frauen nehmen meistens nur eine kurze Elternzeit in Anspruch, während der sie zu Hause bleiben, um keine beruflichen Nachteile hinnehmen zu müssen. Die meisten Frauen wollen arbeiten, viele Frauen müssen aus wirtschaftlichen Gründen arbeiten. Dabei ist die durchschnittliche Dauer, die Mütter zu Hause bleiben mit 5 Jahren zu lang, denn 80 Prozent der Frauen wollen mehr arbeiten. Der Anteil an allein erziehenden Frauen in Deutschland nimmt zu, denn in den überwiegenden Fällen leben im Fall von Trennungen der Lebensgemeinschaften die Kinder bei den Frauen. Hier ist der Anteil von Empfängerinnen der staatlichen Sozialhilfe besonders hoch.

    Für uns hat sich deutlich gezeigt: Um Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen und mehr Frauen Berufstätigkeit zu ermöglichen, ist die Verbesserung der Kinderbetreuung der wichtigste Schritt.

    Damit allen Frauen, und natürlich auch Männern, mit Kindern eine Berufstätigkeit erleichtert wird, hat die Bundesregierung umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen geschaffen. Bis zum Jahr 2010 sollen in Deutschland Krippen- und Betreuungsplätze für unter 3-jährige in ausreichender Zahl geschaffen werden. Bereits jetzt besteht ein Rechtsanspruch auf einen Halbtagskindergartenplatz für Kinder ab dem Alter von drei Jahren. Die Einrichtung von Ganztagsschulen in allen Bundesländern wird von der Bundesregierung mit einem 4 Milliarden Euro umfassenden Investitionsprogramm gefördert.

    Noch ganz neu ist der Unisex-Tarif bei der sogenannten Riester-Rente, einer staatlich geförderten Altersvorsorge. Bei Neuverträgen ab dem Jahr 2006 gelten gleiche Leistungshöhen für Frauen und Männer. Dies ist ein wesentlicher gleichstellungspolitischer Schritt in der Altersvorsorge für Frauen.

    Auch in Deutschland sind immer wieder Frauen von Gewalt in Familien betroffen. Dieser besonderen Situation wurde mit dem Gewaltschutzgesetz Rechnung getragen. Hier wird die Position von Frauen und Kindern als typische Opfer von Gewalt in Familien gestärkt. Es ist sichergestellt, dass der Täter die Wohnung verlassen muss und die Frauen zunächst weiterhin in der Wohnung bleiben können. Mit unserem Prinzip „Der Täter geht, das Opfer bleibt“ ist eine klare öffentliche Ächtung jeglicher Gewalt gegen Frauen und Kinder verbunden.

    Die jetzige Bundesregierung setzt sich auch für den Erhalt von Frauenhäusern ein, in der von Gewalt betroffene Frauen, auch mit Kindern, Schutz finden und mit Hilfestellung für ihr weiteres Leben Perspektiven entwickeln können.

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    Sie sehen, dass in Deutschland die politischen Gremien bemüht waren und sind, die Situation von Frauen zu verbessern. Sehr vieles ist schon erreicht worden, doch wir wissen auch, dass bisher in einigen Bereichen nur Etappensiege erzielt worden sind. Der Weg soll in ein geschlechtergerechtes Deutschland führen, denn Gleichstellung geht alle an. Wir werden diesen Weg strikt weiter verfolgen.