Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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On this website you find information about my work as member of parliament (1998 - Oct. 2009)

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    20.02.2006

    Kultur ist Lebensmittel

    Beitrag für KupoMi zu den kultur- und medienpolitische Vorhaben der SPD in der 16. Legislaturperiode


    Unsere Gesellschaft bedarf der Künste und der Kultur, sie stärken ihre Kreativität und ihre Zukunftsfähigkeit. Indem die Verantwortung für den Schutz und die Förderung von Kunst, Kultur und Medien 1998 auch auf Bundesebene etabliert wurde, kommt der Kultur- und Medienpolitik als Gesellschaftspolitik ein besonderes Gewicht zu. Die SPD wird die auf Bundesebene erfolgreich verankerte Kultur- und Medienpolitik in der Großen Koalition fortsetzen.

    Das 100-Tage-Programm des neuen Kulturstaatsminister Bernd Neumann begrüßen wir: die Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut vom 14. November 1970, die Bestrebungen für eine Fusion der Kulturstiftung des Bundes (KSB) und der Kulturstiftung der Länder (KSL) in einer geeigneten Form und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die deutsche Filmwirtschaft.

    Besondere Aufmerksamkeit schon in den nächsten Wochen werden die geplanten Änderungen im Rahmen der Föderalismus-Reform finden. Die größte Grundgesetzreform seit 1948 bedarf einer hohen Akzeptanz und muss daher ausführlich innerhalb und außerhalb des Parlamentes diskutiert werden. Der Bund soll weiterhin eine grundsätzliche Moderationsfunktion übernehmen können, auch in der Kultur- und Medienpolitik. In den bevorstehenden Gesprächen über die Umsetzung dieser vorgeschlagenen Änderungen muss geklärt werden, wie die noch offenen Fragen im Eckpunktepapier vom 26. Juni 2003 (Stimmrecht beim Konsultationsverfahren und Finanzierungsgrundsätze), auf welches im Anhang des Koalitionsvertrages verwiesen wird, gelöst und ob diese Eckpunkte überhaupt die Grundlage einer Systematisierung im Kulturbereich sein können. Offen ist zudem, wie sich die Übertragung der Verhandlungsführung in den Beratungsgremien der Europäischen Union auf einen Vertreter der Länder im Bereich der schulischen Bildung, der Kultur und des Rundfunks auswirkt. Wir wollen besonders die kulturelle Bildung fördern.

    Die Kultur- und Medienpolitiker der SPD fordern die Verankerung der Kultur als Staatsziel im Grundgesetz. Der Stellenwert der Kultur im Grundgesetz muss gestärkt und damit dem Selbstverständnis Deutschlands als europäisch verwurzelte Kulturnation Ausdruck verliehen werden.

    Der europäische Kontext spielt auch in der Diskussion über Erinnerung und Gedenken, Aufarbeitung und Versöhnung eine ungemein wichtige Rolle. Das 1999 von der Bundesregierung vorgelegten Gedenkstättenkonzept bietet eine gute und bewährte Grundlage. 15 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung wollen wir dieses Gedenken weiterentwickeln. Auf einer Vernetzung bestehender Initiativen und Institutionen, die sich europaweit und grenzüberschreitend mit den Themen Flucht, Vertreibungen und Zwangsmigration auseinandersetzen, beruht das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität. Nur in diesem Verständnis ist die Umsetzung des im Koalitionsvertrag gefundenen Kompromisses eines "sichtbaren Zeichens" in Berlin möglich. Die SPD lehnt das vom Bund der Vertriebenen geforderte Zentrum gegen Vertreibung in Berlin in aller Deutlichkeit ab.

    Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist auf Dialog und Austausch mit anderen Kulturen angelegt. Wir werden uns dafür einsetzen, die Haushaltsmittel für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nachhaltiger zu gestalten, dabei neue Steuerungsinstrumente anzuwenden und leistungsbezogene Budgets in der Auswärtigen Kulturpolitik im Ganzen einzuführen. Die SPD hat den Arbeitsprozess zur Ausarbeitung des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen intensiv begleitet. Für eine zügige Umsetzung der im Oktober 2005 von der UNESCO-Vollversammlung beschlossenen Konvention werden wir uns einsetzen.

    Bei der Umsetzung der Vorschläge der Europäischen Kommission zur Neufassung der EU-Fernsehrichtlinie muss das Gebot der Trennung bzw. die Transparenz zwischen Werbung und Programm unbedingt gewahrt bleiben. Die Liberalisierung des Product Placement wird von der SPD im Deutschen Bundestag sehr kritisch gesehen, da die Unabhängigkeit der Programmgestaltung gefährdet sein könnte.

    Mit der ausschließlich negativen Bewertung durch die Formulierung im Koalitionsvertrag ("Verbot von 'Killerspielen'") werden Computerspiele insgesamt in ein falsches Bild gerückt. Die Unterstützung und Sicherung von zielgruppengerechten und qualitativ hochwertigen Angeboten bei multimedialen Produkten, insbesondere Computerspielen, sowie die noch notwendige öffentliche Anerkennung des kulturellen Wertes von Computerspielen sollten anstelle einer Diskussion um ein Verbot von Computerspielen zuallererst im Vordergrund stehen.

    Der Schutz der Pressefreiheit, die Sicherung der medialen Vielfalt und der freie Zugang zu qualitativen Informationen sind in einer Demokratie die Voraussetzung einer freien Meinungsbildung. Eine hinreichende Medienvielfalt muss gewährleistet sein. Die Entscheidungen der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) und des Bundeskartellamtes im Fall von ProSiebenSat.1 und Springer haben gezeigt, dass beide Institutionen ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen und das eine Berücksichtigung cross-medialer Beteiligungen im Medienkonzentrationsrecht notwendig sein könnte.

    Nicht zuletzt verbessert die Stärkung der Stellung der Urheber gegenüber Industrie, Verwertern und Nutzern sowie die Sicherung der in Europa einzigartigen kultur- und sozialpolitischen Errungenschaft der Künstlersozialkasse die Arbeits- und Lebensbedingungen für Kultur- und Medienschaffende. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, die Rahmenbedingungen für die freie Entfaltung von Kunst und Kultur zu verbessern.