Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    05.03.2006

    Aufbruch – Menschen mit Behinderung zeigen ihr kreatives Potenzial

    Rede zur Ausstellungseröffnung am 5. März in Braunschweig


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich bedanke mich herzlich für die Einladung zu der Ausstellung „Aufbruch – Menschen mit Behinderung zeigen ihr kreatives Potenzial“ und freue mich, dass ich heute mit Ihnen hier sein kann.

    Die Politik in Deutschland, gerade die Kulturpolitik, beschäftigt sich nun schon seit Jahrzehnten mit der Frage, wie es möglich ist, den Zugang zu Kultur so barrierefrei wie möglich zu gestalten. Wie kann die Politik unterstützen, dass „Kultur für alle“ Menschen offen ist und sie einen Wert im Leben eines jeden darstellen kann?

    Wir in Deutschland leben begleitet vom demokratischen Gedanken. Dies, manifestiert insbesondere durch das Gleichstellungsgesetz, impliziert einen Grundanspruch auf die gesellschaftliche Einbeziehung aller Menschen in gleichberechtigter Weise. Somit stellt es für mich eindeutig ein zentrales Ziel von Kulturpolitik dar, Kultur zu demokratisieren und den gleichberechtigten Zugang zu ihr zu ermöglichen.

    Es wurde in dieser Richtung viel erreicht und viel auf den Weg gebracht. Mittlerweile sind wir auf politischer Ebene soweit, dass immer weiter voranschreitend debattiert wird, Kultur als Staatsziel ihren, meiner Meinung nach, angemessenen Stellwert zukommen zu lassen. Dahinter steht die Überzeugung, dass Kultur einen Wert an sich darstellt, der zum Leben aller gehört.

    Momentan versuchen wir gerade, das im Grundgesetz zu verankern. In vielen Landesverfassungen ist dies schon geschehen, aber ich bin der Überzeugung, dass es gerade deswegen auch im Grundgesetz stehen sollte. Solch ein Staatsziel „Kultur“ würde mit Sicherheit weitere wichtige Schritte zu einer Kultur für alle mit sich bringen.

    Für die Praxis ergeben sich zwei Forderungen: zum einen, dass der Zugang zur Kultur für alle erschwinglich sein muss, zum anderen, dass der Zugang zur Kultur für alle möglich sein muss, dass also der Zugang zur Kultur ein barrierefreier Zugang ist.

    Moderne Demokratie ist nicht zuletzt durch eine umfassende Form der gesellschaftlichen Teilhabe gekennzeichnet, die die gleichberechtigte Einbeziehung aller Menschen in das gesellschaftliche und kulturelle Leben ermöglicht und niemanden ausgrenzt. In der Bundesrepublik trägt der Gesetzgeber diesem Gedanken unter anderem durch das Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen Rechnung.

    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein Projekt ansprechen, das den Gedanken „Kultur für alle“ gut umsetzt. In unserer Hauptstadt Berlin, die auch als Filmstadt bekannt ist, hat sich besonders gezeigt, wie stark sich der Bund für Behinderte und ihr Teilhaben am kulturellen Leben, engagiert. So unterstützt der Bund ein Projekt, das mit einer neuen Technik, der „Audiodeskription“ die Zuschauergruppe der Blinden erschließt. Das neue System ist sehr kostengünstig und ermöglicht einen entspannten gemeinsamen Kinobesuch für Sehende und Blinde. Die Blinden hören ihre Bildbeschreibungen über Kopfhörer, der Filmton kommt über die Saallautsprecher. Damit werden dem Hörfilm im Kino völlig neue Perspektiven eröffnet. Im vergangen Jahr wurde die Deutsche Hörfilm GmbH dafür mit dem Deutschen Innovationspreis gewürdigt. Auf der Berlinale 2004 hatte ein Kinderfilm mit Audiodeskription seine Weltpremiere.

    Auch der Deutsche Bundestag ist bestrebt, die Belange der behinderten Mitmenschen voranzubringen. In der letzten Legislaturperiode haben wir in der rot-grünen Regierungskoalition mit einen Antrag gefordert, dass die „vielfältigen Potenziale des Wirtschaftsfaktors Kulturtourismus“ weiter erschlossen werden. Ziel dieses Antrag war außerdem, dass die Interessen von behinderten Menschen auch in denkmalgeschützten Gebäuden und Anlagen sowie beim Zugang zu Kulturveranstaltungen im Rahmen der geltenden Gesetze stets berücksichtigt werden. Ferner werden die entsprechenden Fördermittelrichtlinien so gestaltet, dass sie für Antragsteller Anreize zur Realisierung barrierefreier Konzepte bieten.

    Soweit einige Beispiele für das Bestreben nach „Kultur für alle“ mit der Forderung nach Barrierefreiheit in die Praxis umzusetzen. Natürlich ist dies nicht genug, aber, wie ich finde, eine Fülle ermutigender und richtiger Ansätze.

    Ich bin davon überzeugt, dass es zusätzlich immer sehr gut ist, selbst aktiv zu werden, und finde, die Ausstellung „Aufbruch – Menschen mit Behinderung zeigen ihr kreatives Potenzial“ zeigt dabei hervorragend, wie wichtig es ist „Kultur für alle“ zu betreiben. Dabei wird klar, zu welch gutem Ergebnis eine Kultur von allen für alle führen kann.

    Diese Ausstellung mit ihrer Botschaft „Positive Energie durch eigenes Handeln“ ist ein tolles Projekt, das zeigt, wie viel mehr wir gewinnen, wenn wir die notwendige Einbeziehung aller Menschen in allen gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen weiter voranzubringen vermögen.

    Das Besondere an dieser Ausstellung ist nicht nur, dass wir Werke von Menschen mit Behinderung sehen, sondern auch, dass die Ausstellung auch von ihnen organisiert wurde. Die Werke sollen mit ihren Geschichten Mut machen.

    Ich wünsche Ihnen, den Künstlern und Organisatoren viel Erfolg für diese Ausstellung und bei der weiteren Arbeit und Ihnen, verehrte Besucher, tolle Eindrücke.

    Vielen Dank