Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    23.03.2009

    Wo bleibt die Verantwortung?


    Ich glaube, für uns als Politiker und auch für die Medien ist es schwer einzugestehen, wenn man mal keine Erklärung oder Lösung parat hat. Nach dem schockierenden Amoklauf in Winnenden ist das leider der Fall. Es gibt keine einfache Erklärung und erst recht keine Lösung für solch eine Tat. Es ist traurig mit anzusehen, dass die Angehörigen der Opfer von Winnenden durch eine Sensationsberichterstattung vieler Medien, die die persönlichen Rechte der Trauernden missachten, ein zweites Mal zu Opfern werden. Berichte wurden gefälscht, Bilder der Opfer von Gedenkstätten gestohlen und auf einem Internetportal konnte man die Tat sozusagen nachzuspielen. Das alles ist zutiefst makaber und hat mit wahrem Journalismus nichts zu tun. Auf diese Weise werden Medien selbst zu Waffen.

    Seit dem Amoklauf gab es wegen der Berichte, die den Täter zum Helden machen, auch in unserem Landkreis mehrere Trittbrettfahrer, die die Polizei mit Drohungen in Atem hielt, so war beispielsweise das Schulzentrum II am Kattenberge am Freitag für einen Tag geschlossen. In Baden-Württemberg waren es sogar mehr als 50 üble Amok-„Scherze“. Spätestens an diesem Punkt müssen wir uns gemeinsam fragen, wie über so eine Tat öffentlich berichtet werden sollte. Im Bundestag habe ich die Medien aufgefordert, sich bei einem runden Tisch endlich auf einen verbindlichen Pressekodex zu einigen. Doch leider wollen selbst manche Kollegen von mir schnelle Lösungen präsentieren, selbst wenn es in so einer Situation keine geben kann. Sie geben besonders den Neuen Medien und Computerspielen die Schuld. Das ist nicht mehr als ein Reflex, denn Verbotsforderungen von sogenannten Killerspielen helfen in so einer Situation überhaupt nicht. Wir haben eines der schärfsten Gesetze zum Jugendmedienschutz Europas. Es ist der Vollzug, der hinterher hinkt.

    Natürlich schadet es nicht, die Gesetzeslage noch einmal genau zu überprüfen. Aber was wir brauchen sind eine Fülle verschiedener Maßnahmen in mehreren Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Ich frage mich wirklich, ob Waffen im Privaten notwendig sind oder ob sie nicht besser im Schützenverein gelagert werden sollten. Die aufsuchende Sozialarbeit muss verstärkt werden. Der Vollzug beim Jugendmedienschutz muss besser werden. Wir brauchen eine bessere Medienkompetenz von Eltern und Lehrern. Wir als Eltern müssen uns interessieren für das, womit sich unsere Kinder beschäftigen. Wir müssen Bescheid wissen und mit ihnen darüber sprechen. Das Thema differenziert zu betrachten muss in einer solchen Situation allen Teilen der Gesellschaft zugestanden werden - genauso wie stille Momente der Trauer den Angehörigen und Mitfühlenden.